In nur wenigen Monaten ein Content-Delivery-Portal entwickeln und dabei ein semantisches Wissensnetz aufbauen mit Metadaten nach dem iiRDS-Standard – geht das? Am Beispiel des neuen Produktinformationsportals der Bosch Rexroth AG berichten wir, wie wir das geschafft haben.
Motivation
So oder so ähnlich lauteten die Antworten der Anwender, die wir im Vorfeld unseres Projektes zur vorliegenden Produktinformation befragt haben. Für uns war damit klar, dass wir weg von den alt hergebrachten PDF-Dokumenten hin zu einer neuen Informationsstruktur finden müssen, damit die Anwender die gewünschte Information einfacher und schneller finden.
Mit einem Content-Delivery-Portal (CDP) sollte dieses Ziel erreicht werden – mit einer Topic-basierten Struktur und Informationen im HTML-Format, mit Suchmöglichkeiten und Filterfunktionen, um Suchergebnisse eingrenzen zu können. Die Informationseinheiten sollen semantisch untereinander vernetzt sein, damit man mit wenigen Mausklicks auf verwandte Themen über mehrere Quellen hinweg zugreifen kann. Der Standard iiRDS sollte unser Kompass sein, um die passenden Metadaten dafür festzulegen.
Pilotportal
Zu Beginn des Projekts haben wir ein Pilotportal entwickelt, um festzustellen, wie ein CDP mit den Rexroth-Produktinformationen funktionieren kann. Hierfür haben wir vorhandene Dokumente verwendet und einzelne Abschnitte darin mit iiRDS-Metadaten ausgezeichnet – gerade so viele, um beispielhafte Anwendungsfälle im Pilotportal testen zu können. Jedes Metadatum entspricht einem Facettenfilter im CDP. Damit lassen sich die Suchergebnisse eingrenzen.
Das Ergebnis war verblüffend. Die Information zu unseren Anwendungsfällen war mit der Eingabe eines Suchbegriffs und der Eingrenzung durch ein bis zwei Filter nun sehr leicht zu finden. Bereits mit diesem schnell gebauten System wurden die grundlegenden Erwartungen erfüllt. Das „Amazon-Feeling“ konnte so erzielt werden. Und das Pilotportal brachte noch weitere Vorteile:
- Die Abläufe und Abhängigkeiten der Content-Entwicklung und -Präsentation wurden transparent.
- Aus den Testfällen konnten wir funktionale Anforderungen für die weitere Entwicklung ableiten.
- Wir konnten sehen, dass der Standard iiRDS für unsere Anwendungsfälle gut funktioniert.
- Die Geschäftsleitung war beeindruckt, dass man Informationen so gut finden konnte und gab grünes Licht für die Entwicklung des Produktinformationsportals.
Funktionen und Inhalte aufs Wesentliche eingrenzen
Nach dem erfolgreichen Pilotprojekt wurde das Portal nun verwirklicht. In nur acht Monaten sollte eine neue Produktreihe mit Beschreibungen und Anleitungen im neuen Produktinformationsportal der Öffentlichkeit vorgestellt werden.
Um dieses Ziel in diesem engen Zeitrahmen zu erreichen, haben wir uns zunächst darauf konzentriert, nur wesentliche Funktionen und Inhalte zu entwickeln. So haben wir beispielsweise auf die Funktion zur Erstellung personalisierter Inhalte und die Anbindung zusätzlicher Systeme wie ERP oder PIM verzichtet. Inhalte haben wir auf einige wenige Dokumente und auf die deutsche Sprachversion eingeschränkt. Dadurch hatten wir nach wenigen Monaten ein funktionsfähiges Portal und konnten diese erste Version als Proof-of-Concept nutzen. Erst später haben wir dann weitere Funktionen und Inhalte hinzugefügt und so das Portal schrittweise ausgebaut.
Modellierung der Metadaten
Metadaten und Beziehungen sind in einem Semantischen Graphdatenbanksystem hinterlegt. Ein Metadatenspezialist ändert und erweitert die Daten und Beziehungen, z. B., wenn neue Produkte hinzukommen. Redakteure können über Dialogfenster des CCMS auf die Metadaten zugreifen, um Module zu verschlagworten. Hier konnten wir zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Die iiRDS-Metadaten werden sowohl zur Facettenfilterung im Portal verwendet als auch für die Qualifizierung von XML-Modulen im CCMS, um Inhalte für Publikationen automatisiert zusammenzustellen.
Das neue Produktinformationsportal
Das Portal wurde rechtzeitig zur neuen Produktreihe fertiggestellt. Anschließend haben wir Optimierungen vorgenommen und das System ein halbes Jahr später im Sommer 2020 mit allen Informationen zur neuen Produktreihe live geschaltet. In der jetzigen Phase setzen wir die Entwicklung von Funktionen um, die wir anfangs aus Zeitgründen zurückgestellt hatten, z.B.
- Topics über Dokumentgrenzen hinweg semantisch miteinander vernetzen: Der Anwender bekommt zum aktuell angezeigten Topic verwandte Themen vorgeschlagen, selbst wenn diese Themen nicht im selben Dokument enthalten sind.
- Ausbau des Portals zum kontextsensitiven Hilfesystem: In Software-Produkten wird mit der Taste <F1> das passende Thema angezeigt.
- Integration in eine mobile Service-App: Die Service-App auf dem Smartphone oder Tablet kommuniziert direkt mit der Maschine/Anlage. Im Fehlerfall zeigt die Service-App die Anleitung zur Fehlerbeseitigung passend zur verbauten Komponente.
Bilder: Ingenieurbüro Katzenmeier
Autoren: Thomas Katzenmeier, Berthold Strucken (Bosch Rexroth AG)
Dieser Beitrag wurde am 31.07.2020 veröffentlicht im Intelligent Informationen Blog der tekom:
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